Es ist Anfang März. Die ersten markanten Kiebitztrupps sitzen auf den Feldern. Die Wiesenvogelsaison hat begonnen. Normalerweise treffen sich nun alle Interessierten und Aktiven bei einer Auftaktveranstaltung in der NABU Umweltpyramide Bremervörde. Dieses Jahr ist alles anders - wegen Corona. Aber zum Glück gibt es Handys und Computer, mit denen eine gute Kommunikation zwischen allen Beteiligten möglich ist und die regionale Presse, die alle Interessierten über das Projekt informiert. Der Wiesenvogelschutz startet trotz ungewohnter Umstände erfolgreich.
Die Saison beginnt und alle Aktiven stehen in den Startlöchern. Doch was verbirgt sich hinter diesem seit 2011 existierenden Projekt und wie schützen die Ehrenamtlichen die Wiesenvögel? Das Wiesenvogelschutzprojekt im Landkreis Rotenburg hat drei Schwerpunktgebiete mit einmal 20.000 ha und zweimal ca. 800 ha Größe. In diesen Gebieten fahren ehrenamtlich Helfende mit ihren Autos die Feldwege entlang (natürlich mit einer Genehmigung) und beobachten die balzenden Kiebitz- und Brachvogelpaare einige Tage lang. Die Vögel sind sehr standorttreu und kommen jedes Jahr in ihr angestammtes Revier zurück. Der Große Brachvogel kann bis zu 30 Jahre alt werden und kann zu einem treuen Begleiter der Landwirte werden. „In unseren Gebieten kennen die Landwirte „ihre“ Vögel und melden uns diese, wenn sie auf die Felder zurückgekehrt sind“, freut sich Simone Kasnitz, Mitarbeiterin der NABU Umweltpyramide und Leiterin des Schutzprojektes. „Auch die Jäger, die fast täglich im Revier sind, schicken per Nachricht den Standort des Feldes wo sie Kiebitze und Brachvögel gesehen haben“, so die Landschaftsarchitektin weiter.
Auf den Feldern ist ordentlich was los. Landwirte schleppen, walzen, düngen. Aber das kennen die Wiesenvögel schon und bei so viel Unruhe beginnen sie keine Brut. Nach einigen Tagen wird es ruhiger auf den Flächen und das Männchen beginnt Brutmulden auf den Äckern oder Wiesen zu drehen. „Die Wiesenvögel sind Bodenbrüter und legen ihre Eier (meistens 3-4) in Mulden auf den Boden. Mit einmal sieht man nur noch einen Vogel, wo sonst immer ein Pärchen war. Der andere sitzt auf dem Nest. Aber wo? Nun ist genaues Hinschauen notwendig“, erläutert Kasnitz. Die Vögel zeichnen sich durch Tricksen, Tarnen, Täuschen aus. Von verschiedenen Seiten wird mit dem Fernglas oder Spektiv das Flurstück aus dem Auto heraus abgesucht. „Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder hat man Glück, das kleine Köpfchen zufällig zu sehen oder man wartet die Brutablöse ab“, erklärt Kasnitz weiter. Vormittags und nachmittags lösen sich die Partner bei der Brut ab. Dabei steht der Vogel geduckt vom Nest auf und geht ein paar Schritte, bevor er auffliegt, um den Neststandort nicht zu verraten, da Beutegreifer ihn beobachten könnten. In der Zeit läuft der andere Partner vorsichtig zum Nest und setzt sich auf die Eier. Diese Verhaltensweise trifft sowohl auf den Kiebitz als auch den Großen Brachvogel zu, wobei der Kiebitz dem Brachvogel ca. 2 Wochen voraus ist.
„Die Situation wird durch die Ehrenamtlichen gut beobachtet. Manchmal braucht man auch hier einige Tage, um sie genau zu erfassen,“ sagt Kasnitz. „Danach ist der Neststandort gut einzugrenzen und wenn die Vegetation noch nicht zu hoch ist, kann man mit Glück den Neststandort lokalisieren.“
Die Brutzeit der Wiesenvögel verschiebt sich jedes Jahr durch verschiedene Faktoren wie Temperatur oder Feuchte.
Im Landkreis Rotenburg (Wümme) wird es nun langsam ruhiger auf den Flächen, da die landwirtschaftliche Bearbeitung abnimmt. Die Vögel fangen an zu balzen und vertreiben potentielle Beutegreifer wie Krähen oder Mäusebussarde.
Wer weiterführendes Interesse an unseren Wiesenvögeln hat oder das Projekt unterstützen möchte, kann sich an die NABU Umweltpyramide wenden. Simone Kasnitz ist unter s.kasnitz@NABU-Umweltpyramide.de erreichbar.
Steckbrief des Wiesenvogelschutzprojektes im Landkreis Rotenburg (Wümme):
Projektleitung: NABU Umweltpyramide, Simone Kasnitz.
Finanzierung: Stiftung Naturschutz im Landkreis Rotenburg (Wümme)
Akteure: NABU Aktive, Landwirte, Jägern, Interessierte aus der ganzen Bevölkerung.
Erfassungszeitraum: März bis Juli
Zielarten: Großer Brachvogel und Kiebitz
Ziel: Sicherung der Brutplätze und Lebensräume
Angegliederter Projekte: Prädationsmanagement in Kooperation mit der Jägerschaft Bremervörde e.V., finanziert durch den Landkreis Rotenburg (Wümme) aus den Biotop- und Artenschutzmaßnahmen
Foto: „Großer Brachvogel gut getarnt auf dem Nest“ © NABU/Simone Kasnitz