Im Rahmen ihrer Sommertour trafen sich Bundestagsabgeordnete Vanessa Zobel und Landtagsabgeordneter Dr. Marco Mohrmann mit den Mitarbeitern des Wiesenvogelprojektes des Landkreises Rotenburg (Wümme). Am Revierblick in Mehedorf konnten die CDU-Politiker einen Eindruck der engagierten Arbeit der NABU Umweltpyramide gewinnen, die seit Jahren mit der Brutbetreuung von Brachvogel und Kiebitz betraut ist.
Zunehmende und intensive Flächenbewirtschaftung stellt für die beiden bodenbrütenden Arten durch den Verlust der Gelege eine unmittelbare Gefahr dar. Um diesen Konflikt zu lösen, verfolgt das Projekt verschiedene Strategien. Die gute Kommunikation und vertrauensvoller Austausch mit der Landwirtschaft sowie Kooperation auf freiwilliger Basis sind Voraussetzung für den Erfolg, so Projektleiterin Sylke Bischoff.
Bei einem Gelegefund wird der Landwirt benachrichtigt und über den Brutfortgang informiert. Zum Schutz der Nester werden diese mit Erlaubnis der Landwirte markiert. Gleichzeitig werden den Landwirten bereits sowohl vor Brutbeginn als auch bei erfolgtem Brutnachweis wiesenvogelfreundliche Bewirtschaftungsangebote unterbreitet, um die Brutbedingungen der Wiesenvögel zu verbessern. Im Kornbecksmoor konnte das Brutgeschehen dadurch in diesem Jahr auf knapp 30 ha unterstützt werden. Dauerhafte Lebensraumverbesserungen wie Wasserrückhalt, Grünlandextensivierung und Schutzstreifen sind unerlässlich, um den Bestand beider Arten zu stärken, so Projektmitarbeiter Detlef Ertel.
Ein weiterer Schwerpunkt im Wiesenvogelschutz besteht im Prädatorenmanagement. Durch die Veränderung der Landschaft konnte sich Raubwild ausbreiten. Besonders Fuchs und Marder stellen den Gelegen und Küken nach und reduzieren dadurch den Bruterfolg. Im Kornbecksmoor, dem mit 5 bis 6 Brachvogelpaaren zentralen Gebiet des Wiesenvogelschutzes, und in den umliegenden Jagdrevieren werden landkreisgeförderte Fallen aufgestellt, um die Bodenprädatoren zu minimieren. Matthias Zobel, Revierinhaber des Jagdreviers Mehedorf, erläuterte eindrücklich die Notwendigkeit einer Prädatorenbejagung und das damit verbundene aufwendige ehrenamtliche Engagement der beteiligten Jäger.
Vanessa Zobel und Dr. Marco Mohrmann zeigten sich beeindruckt vom Einsatz aller Beteiligten und begrüßten die Förderung des Projektes über das Land Niedersachsen in diesem Jahr, so dass das Brutgeschehen mit höherem Personaleinsatz und umfangreicher Materialausstattung effizienter begleitet werden konnte. „Das Projekt lebt vom guten Miteinander vor Ort mit Jägern und Landwirten in der praktischen Naturschutzarbeit,“ so Mohrmann. Zobel: „Was hier vor Ort mit so viel Leidenschaft und Augenmaß geleistet wird, beeindruckt mich sehr. Dieser Einsatz verdient echte Anerkennung.“
Eine intensivere Zusammenarbeit und Mitgestaltung aller Akteure soll durch eine Gebietskooperation ermöglicht werden, die für Ende Oktober geplant ist.
Bild 1 Wiesenvögel haben eine ganz eigene Schutzstrategie: Ein verleitender Kiebitz simuliert einen verletzten Flügel und versucht dadurch, den Angreifer zu täuschen und vom Nest oder den Küken wegzulocken (Foto: T. Gottschalch).
Bild 2 Schwerpunktgebiete im Wiesenvogelprojekt im Landkreis Rotenburg (Wümme). Zusätzlich zum Gelege- und Aufzuchtschutz wird im Kornbecksmoor von der örtlichen Jägerschaft ein Prädationsmanagement durchgeführt.
Seit kurzem sind Großer Brachvogel und Kiebitz in ihre angestammten Brutgebiete im Landkreis Rotenburg zurückgekehrt. Das bedeutet für die NABU Umweltpyramide in Bremervörde, die das Wiesenvogelprojekt in ausgewählten Gebieten auch in diesem Jahr wieder durchführt, viel Freilandarbeit mit Erfassung und Betreuung der Brutvögel und eine enge Kommunikation mit den Landbewirtschaftern, auf deren Acker- und Grünlandflächen die Vögel brüten.
Die Brutzeit der beiden Arten trifft mit der Bewirtschaftung von überwiegend Maisäckern und intensiv genutzten Wiesen zusammen. Für eine erfolgreiche Brut und Aufzucht ist eine gute Abstimmung mit den Landwirten erforderlich, um den Schutz der Brutpaare zu gewährleisten bei möglichst wenig Nutzungseinschränkungen. Die ursprünglich auf extensiven Wiesen und Weiden in Flussniederungen und Mooren siedelnden Bodenbrüter haben durch den Wandel der Landwirtschaft zur intensiveren Nutzung hin große Probleme bekommen. So hat der Brutbestand dramatisch abgenommen, der Brachvogel ist mittlerweile vom Aussterben bedroht und der einst so häufige Kiebitz ist als gefährdet eingestuft worden. Das weitreichende Artensterben ist ganz konkret auch im Landkreis Rotenburg spürbar. Im Wiesenvogelprojekt wird den beiden Arten daher seit Jahren eine Hilfestellung geboten, um die Bestände zu stabilisieren und verbessern, so Projektleiterin Sylke Bischoff. Dazu gehören zum einen der Gelege- und Familienschutz und die Verbesserung des Lebensraumes durch zeitweise und dauerhafte ökologische Maßnahmen.
Anlage von Blänken, Aufweitung von Grüppen, Uferabflachungen, Wiedervernässung und Flächenextensivierung sind einige Beispiele für eine Aufwertung des Brutgebietes. Neben kurzrasigen Flächen benötigen die Wiesenvögel blüten- und damit insektenreiche Flächen zur Nahrungssuche und Abschnitte mit höherstehender Vegetation als Rückzugsorte vor Fressfeinden.
Die Mitarbeit der Landwirte ist von entscheidender Bedeutung, bewegen wir uns doch auf Privatflächen und sind daher auf das Einverständnis und Unterstützung der Bewirtschafter angewiesen, sagt Diplom-Biologin Sylke Bischoff. Kleinere und kurzfristige Bewirtschaftungseinschränkungen werden durch Entschädigungen des zusätzlichen Aufwandes oder Ertragseinbußen ausgeglichen. Seit diesem Jahr werden Landwirte zusätzlich im Hinblick auf wiesenvogelfreundliche Förderprogramme beraten, die auf bisher rd. 45 ha umgesetzt werden.
Anfang 2025 konnte für das laufende Jahr eine Förderung des Projektes vom Land Niedersachsen im Rahmen des Förderprogramms „Erhalt und Entwicklung der Biologischen Vielfalt“ eingeworben werden. Mit dem Zuschuss von rd. 106.000 € wird das bisher überwiegend auf ehrenamtliche Unterstützung angewiesene Projekt nun personell aufgestockt, um das sehr große Projektgebiet besser betreuen zu können. Mit der Anschaffung einer Drohne mit Wärmebildtechnik soll die Gelegesuche weiter verbessert werden. Den Eigenanteil in Höhe von 12.000 € trägt der Landkreis Rotenburg (W.).
Weiteres wichtiges Standbein bleibt das Prädationsmanagement im Kornbecksmoor und angrenzenden Revieren, das auf ehrenamtlicher Basis von den örtlichen Jagdbezirken durchgeführt wird und finanziell vom Landkreis Rotenburg (W.) gefördert wird. Im Herbst 2024 konnte das Kerngebiet im Nordosten durch Aufnahme des Jagdbezirks Hönau-Lindorf erweitert werden. Die Mithilfe bei der Gelegesuche mit Drohnen und Wärmebildtechnik wird hoffentlich auch in diesem Jahr fortgesetzt.
Sollten in der Brutzeit Großer Brachvogel oder Kiebitz beobachtet oder sogar Gelege im Projektgebiet entdeckt werden, können diese gerne unter s.bischoff@nabu-umweltpyramide.de oder 01520/8944076 gemeldet werden.